Scrum in 10 Minuten

👋 Schön, dass Du hier bist! Bitte beachte, dass dieser Artikel bereits einige Jahre auf seinem Buckel hat. Seitdem haben sich nicht nur die Welt, sondern auch meine Wissenslücken, Erfahrungen und Ansichten geändert. Dennoch stehe ich hinter den Aussagen, die ich damals getätigt habe. Selbst dann, wenn ich sie mittlerweile anders tätigen würde. Bitte behalte dies beim Lesen im Hinterkopf. Danke. Und viel Vergnügen!

Viel wird über Scrum erzählt, geschrieben, erklärt, vorgetragen. Doch was von all dem stimmt überhaupt? Gibt es so etwas wie die absolute reine Wahrheit, wenn es um Scrum geht? Worum geht es bei Scrum eigentlich? Und kann man das wirklich in zehn Minuten erklären?

Scrum in 5 Minuten

Die Essenz #

Ich erlebe oft, dass Scrum für alles mögliche angepriesen wird. Die eierlegende Projektprogrammportfolioprozessmanagement-Wollmilchsau. (Was für ein Wort!) Aber was ist Scrum eigentlich? Eine Methodik? Eine Methode? Ein Framework? Die Antwort auf eh alles? Die Lösung ist sehr einfach. Scrum ist

  1. eine Sammlung von Werkzeugen, mit deren Hilfe
  2. Softwareentwicklungsteams
  3. auf Teamebene
  4. in der Projektarbeit
  5. ihr Tagesgeschäft organisieren können.

Nicht mehr und nicht weniger. Aber lasst uns das mal näher ansehen.

Anwendungsgebiete von Scrum #

"Eine Sammlung von Werkzeugen" also. Das klingt so banal. Aber jeder, der Scrum als Methodik bezeichnet, hat noch nie einen Blick in den Scrum Guide geworfen. Der hat nämlich original 16 Seiten Inhalt. Versteht mich nicht falsch, mehr braucht es auch nicht. Ich bin der Meinung, die Anleitung für Scrum ist bewusst sehr schlank gehalten. Aber 16 Seiten sind nichtsdestotrotz ein bisschen wenig für ein Framework oder eine Methodik.
Andererseits: mit der Philosophie hinter Scrum kann man ganze Bücher füllen. Aber dazu später mehr.

Scrum ist für Softwareentwicklungsteams konzipiert. Genauer gesagt, für ein Softwareentwicklungsteam. Und auch nur dann, wenn dieses Team in der Arbeit für ein Projekt (und ja, ich schreibe hier bewusst von "Projekt" - Ihr könnt das auch ruhig Epic, Vorhaben, Action, Etappenteil nennen. Ein Projekt ist ein Projekt ist ein Projekt. Oder anders formuliert: If it walks like a project and quacks like a project, it is a project.) steckt, dass einen gewissen Komplexitätsgrad erreicht hat. Hier ist das Anwendungsgebiet also sehr klein. Und es wird noch kleiner, wenn ich berücksichtige, dass Scrum für die Abwicklung des Tagesgeschäftes gedacht ist. Risk Handling, Programmmanagement, Ressourcenplanung, und dergleichen sucht man im Scrum Guide vergeblich.

Rund und Change

Von Run und von Change #

Jetzt muss ich einen kurzen Absatz über Run und Change einschieben. Run ist mein Tagesgeschäft. Change ist meine Veränderung. Früher war das einfach. Ich habe als Unternehmen viel Run gemacht. Und ab und an kam ein Projekt um die Ecke und hat meine Organisationsform - mal mehr, mal weniger - verändert. Und dann ging es wieder weiter mit Run.
Heute habe ich oftmals mehrere parallele Change-Prozesse in meiner Organisation, die sich überschneiden und sich gegenseitig - und, noch schlimmer, mein Tagesgeschäft - direkt beeinflussen. Deshalb ist es hier in meinen Augen unumgänglich, sauber zu trennen. Scrum ist Change. Punkt.

Die Philosophie hinter Scrum #

Scrum ist - wie vieles in der agilen Welt - stark von fernöstlichen Denkweisen beeinflusst. Sprich, ich versuche zu erreichen, dass mein Team sich stetig entwickelt, um für meine Kunden einen höchstmöglichen Wert zu erzeugen. Damit das klappt, muss ich ständig auf der Suche nach ungehobenen Potentialen sein. Inspect & Adapt ist der Terminus, der hier oft und gerne verwendet wird. In Scrum ist dieses konstante Verbessern der Organisation des Arbeitsablaufes Aufgabe des ganzen Teams. Jede und jeder steht in der Verantwortung. Für sich, das Team, das Produkt. Und hierfür habe ich Transparenz als Grundbedingung. Ohne Offenheit kann ich das Alles bleiben lassen, dann wird es nicht funktionieren.

Der Ablauf von Scrum #

Jetzt haben wir das Drumherum geklärt, also ab ans Eingemachte. Wie geht Scrum? Ich will Euch hier jetzt nicht die Artefakte und Zeremonien vor den Latz knallen. a) kann die jede und jeder nachlesen. Und b) bin ich dann keinen Deut besser, als die von mir so gerne kritisierten Dampfplauderer. (Der Deut war übrigens eine alte holländische Münze - damit hätten wir unsere diesmalige Portion unnützes Wissen auch erledigt.)

Scrum ist wahnsinnig einfach. In der Theorie zumindest. Um die Komlexität greifbarer zu machen, plane ich mein Projekt nicht vor dem Umsetzungsstart komplett durch, sondern teile es - ähnlich wie beim Rolling Wave Planning - in kleinere und leichter verdauliche Häppchen auf. Diese Iterationen (Sprints genannt) dauern zwischen zwei und acht Wochen. Ich beobachte sehr häufig vier Wochen als das Mittel der Wahl.
Alle paar Wochen also setzt sich das Scrumteam zusammen und

  1. lädt die Kunden ein, um ihnen den aktuellen Stand zu zeigen und Feedback einzuholen (und ja, Kunde ist hier ein sehr schwammiger Begriff),
  2. bespricht im Rahmen einer Retrospektive, was am letzten Sprint gut war, was nicht so gut war, und wo, und vor allem wie, man sich verbessern will, und
  3. nimmt sich vor, was im kommenden Sprint umgesetzt wird.

Während eines Sprints analysiert das Team die neu hinzugekommenen Aufgaben. Sind sie so, wie beschrieben, umsetzbar? Und wie aufwändig sind sie in etwa?
Diese Aufgaben finden sich in einer Liste. Der oft gehörte Product Backlog. Ganz oben steht die Aufgabe mit dem höchsten Kundenwert, gefolgt von der mit dem zweithöchsten Kundenwert, gefolgt von der mit dem dritthöchsten Kundenwert, und so weiter und so fort. Ihr erkennt das Muster.

Henrik Kniberg Minimum Viable Product

Das Scrumteam #

A propos Team: das besteht in Scrum aus

Der Product Owner ist die Schnittstelle zwischen Kunden und Team. Sie oder er verbringt viel Zeit mit den Kunden, um herauszufinden, was diese benötigen. Und zwar, welche Funktionalität gebraucht wird. Das Resultat wird in sogenannten User Stories niedergeschrieben. User, weil der Kunde im Mittelpunkt steht. Story, weil Prosaform verständlicher ist: wer will was, um was zu erreichen.
Ganz wichtig sind hier Customer Value und Akzeptanzkriterien, damit ich mich nicht im Kleinklein verirre, sondern eine gewisse Wertigkeit der Arbeit gewährleisten kann.

Das war es im Großen und Ganzen. Wie versprochen, kurz und knackig. Scrum ist in seinem Grundwesen sehr einfach gehalten. Kurze Feedbackzyklen und kurze Planungszyklen. Das ist natürlich auch mit einem gewissen Overhead verbunden.

Und wofür betreibe ich dann den Aufwand mit Scrum? #

Die Frage ist relativ leicht zu beantworten. Wenn ich

In allen anderen Szenarien ist Scrum wahrscheinlich nicht das Richtige für mich. My two cents. Aber das würde den Rahmen der zehn Minuten sprengen.

Vielen Dank für Deine Zeit! Du kannst den Artikel gerne teilen. Und ich freue mich immer, von Euch zu lesen. Bilder von Quino Al und Fabien Bazanegue auf Unsplash, Henrik Kniberg.

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